Hartmannsw(e)il(l)erkopf – Spurensuche in Gräben und an Gräbern des ersten Weltkriegs
„Der Besuch auf dem Soldatenfriedhof in Cernay vor der Führung über das Schlachtfeld war wichtig, weil wir dadurch eine Vorstellung von der Zahl der Opfer und der Bedeutung des Hartmannswillerkopfes bekommen haben“ – dieser Rückblick auf unseren Tag im Elsass vertritt anschaulich die Eindrücke der gesamten Projektgruppe.
Im Rahmen der Projekttage am Gymme begaben sich 23 Schülerinnen und Schüler (Kl. 9-11) zusammen mit ihrer Projektleitung Anna Baumann, Dr. Raphaela Esprester-Bauer und Dr. Andreas Heusel auf Spurensuche: am 24. Juli führte uns eine Exkursion an eine der vier großen Gedenkstätten des ersten Weltkriegs in Frankreich. Auf dem Hartmannswillerkopf, einem Vogesengipfel in 957m Höhe über dem Rheintal, standen sich vom Herbst 1914 an deutsche und französische Soldaten jahrelang gegenüber und kämpften erbittert um den Besitz des Berges. Heute bilden die kilometerlangen gut erhaltenen Schützengräben einen besonders anschaulichen Erinnerungs- und Lernort für die Generationen, die im Zeitalter der deutsch-französischen Versöhnung leben. Gefördert und somit auch ermöglicht wurde dieses Projekt durch die großzügigen Mittel der Stiftung Gedenken und Frieden (Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.), deren Ziel es ist, "[...] das Gedenken an die Opfer der Kriege zu wahren, die Kriegsgräberstätten in Deutschland und der Welt zu erhalten und der Jugend Verantwortung für den Frieden zu vermitteln“.
Unser Programm im Elsass begann am späten Vormittag im kleinen Ort Cernay am Fuß des Hartmannswillerkopfes, wo sich verschiedene Soldatenfriedhöfe befinden. Sebastian Steinebach, Bildungsreferent beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., erklärte uns auf dem deutschen Soldatenfriedhof die Anlage und die Arbeit des Vereins, der sich im Rahmen von Jugendbegegnungsmaßnahmen auch um die ständige Pflege der Kriegsgräber und Erinnerungsorte in Europa kümmert. Dabei ging es recht konkret um Fragen wie: Aufgrund welcher technischen Neuerungen in der Kriegsführung sind die Opferzahlen so hoch? Wie viele Kriegsopfer werden heute noch jährlich in Europa gefunden? Woran kann man erkennen, dass es sich um einen gefallenen Soldaten handeln muss? Warum sind die Kreuze auf dem deutschen Kriegsgräberfriedhof schwarz-braun, auf den französischen dagegen hell? Die Suche nach dem Grab des ersten Gefallenen des Hartmannswillerkopfes, Maximilian Ott (+ 30.12.1914), bildete den Abschluss unseres Aufenthaltes in Cernay.
Auf schmaler kurvenreicher Strecke beförderte uns der Reisebus anschließend auf den Gipfel. Oben erwartete uns unser Führer Guy, der unserer Gruppe zunächst die Krypta, erbaut im Jahr 1932 als französische Gedenkstätte, dann den französischen Soldatenfriedhof und vor allem das Schlachtfeld auf dem eigentlichen Berg“kopf“ erklärte. Der Irrsinn des Stellungskrieges auf diesem Gipfel und anderswo wird in den Schützengräben besonders augenfällig, wo sich die deutschen und die französischen Gräben jahrelang nur wenige Meter gegenüberstanden und wo nach gegenwärtiger Einschätzung 7200 Menschen ihr Leben lassen mussten. Der Boden des heutigen Waldgeländes zeugt immer noch von der Gewalt der Granateneinschläge. Es ist wegen Munitionsüberresten im Boden untersagt, die Wege zu verlassen. Guy erläuterte uns die Verschiebungen in der Frontlinie ebenso wie das System der Schützengräben und die Unterschiede in der deutschen und französischen Versorgung, Taktik etc. Unter Historikern ist heute unumstritten, dass der Besitz des Gipfels von geringer strategischer Bedeutung war und vor allem Prestigecharakter hatte. Umso mehr stellt sich angesichts der Gräber die Frage, warum für ein paar Meter Land so viele Menschen sterben mussten.
Zum Abschluss der Exkursion brachte unser Reisebus uns ins Stadtzentrum von Colmar. Die Entscheidung, den Weg über den Vogesenkamm zu nehmen, hatte uns herrliche Ausblicke ins Land beschert, allerdings aber auch die Zeit in der elsässischen Stadt beschnitten, so dass letztlich kein Raum für einen Stadtbummel blieb. Wir mussten uns auf den Sturm auf eine kleine, aber feine Bäckerei und ihre Croissants beschränken…